Das Leben mit Jesus wurde uns stets als etwas sehr Anstrengendes dargestellt: Das "Entscheidende am Christsein" war das "Durchhalten". Es galt, seine "bequeme Zuschauerhaltung" aufzugeben, "Hitze der Anfechtung" zu bestehen, "steile Berge" zu überwinden, zu lernen, sich "zu beherrschen", "ganz in der Gewalt zu haben" und seinen Körper "gefügig zu machen". Wer zu Jesus gehörte, mußte "gegen den Strom schwimmen" und brauchte "viel Kraft".
Der Glaube an Jesus mußte sich "im täglichen Training" bewähren. Glaube war "Kampf", und dieser Kampf richtete sich auch gegen uns selbst, unsere "Müdigkeit" und "Lustlosigkeit", die uns vom Beten und Bibellesen abhalten wollten. Schließlich gehörte zum "täglichen Training" auch die "Prüfung des Gewissens". Täglich sollten wir unser Gewissen erforschen, uns an "Schuld" und "Versäumnisse" erinnern und "Jesus dafür um Vergebung bitten".
Außerdem wurde uns gesagt, daß wir oft immer noch "versagen", daß, wer die Anstrengung des Kampfes nicht auf sich nehme, "Schiffbruch im Glauben" erleiden werde, daß unsere Kraft für den Glaubenskampf jedoch nicht ausreiche, daß Gott uns aber "dazu die nötige Kraft schenken" werde.
Und schließlich wurden wir darin bestärkt, uns als Zughörige zu einer kleinen Schar Auserwählter zu sehen: "Der Glauben an Jesus ist zu keiner Zeit eine Massenangelegenheit gewesen. Immer waren es einzelne, die sich von Jesus rufen ließen und ihm nachfolgten." Stets aber waren wir bedroht, diese Erwähltheit wieder zu verlieren, wenn wir im "guten Kampf" des Glaubens nicht Sieger blieben. "Ob du es wohl besser machen wirst?" drohte Klaus-Jürgen in der Jungscharzeitschrift "die junge schar". Der Verlust der Erwähltheit aber war gleichbedeutend mit der ewigen Verdammnis.
In diesem Kampf fühlte ich mich immer wieder als Versager. Ich las nicht täglich in der Bibel. Ich erforschte nicht täglich mein Gewissen. Ich bekannte mich sehr oft nicht zu meinem Glauben. Ich betete nicht täglich. Ich spürte nichts von der Kraft, die Jesus angeblich schenkte. Ich war müde und lustlos. Mit einem Wort: Ich war verdammt.
Ich war so konditioniert auf diesen ausweglosen Glaubenskampf, daß ich einen Satz Klaus-Jürgens völlig übersehen habe: "Es läßt sich ja auch bequemer leben ohne Jesus." Erst im Alter von fast 17 Jahren habe ich diese frohe Botschaft entdeckt.
Doch lassen wir die schriftlichen Zeugnisse für sich selbst sprechen:
... Am Beispiel der "Tour de France" läßt sich verdeutlichen, was das Entscheidende am Christsein ist, nämlich das Durchhalten, das Bleiben bei Jesus. Wer anfängt, mit Jesus zu leben, zu ihm zu beten und auf sein Wort zu hören, der hat seine bequeme Zuschauerhaltung aufgegeben! Aber es kommt nun alles darauf an, daß er auch bei Jesus bleibt! Für ein Leben mit Jesus trifft zu, was auch für die "Tour de France" gilt: Der Anfang, die ersten Etappen sind fast immer leicht. Wie oft habe ich es schon erlebt, daß Jungen und Mädchen vor Freude strahlten, als sie anfingen, mit Jesus zu leben. Aber dann kommen die schwierigen Etappen! Der Apostel Petrus schreibt einmal an junge Christen, sie sollten keine Angst haben vor der "Hitze der Anfechtung", die ihnen begegnen würde (Petr. 4, 12).
"Hitze der Anfechtung" haben junge Christen auch heute noch zu bestehen, so wie die Fahrer der "Tour" mit der glutheißen Sonne fertig werden müssen. Ich denke da an Jörg, der auf einer Freizeit zum Glauben kam und darüber am liebsten vor Freude in die Luft gesprungen wäre. Als er aber wieder nach hause kam, da war mit einem Male die Hochstimmung verflogen: Seine Eltern verstanden ihn nicht und die Klassenkameraden meinten sogar, er habe einen Jesus-Tick! Ich freue mich daß Jörg trotzdem nicht aufgegeben hat und mit Jesus weitermacht.
Und dann die steilen Berge! Auch die gibt es für den, der mit Jesus lebt. Manch einer träumt sogar nachts davon, daß sich vor ihm riesige Berge auftürmen und ihm angst und bange wird, weil er nicht weiß, wie er die Berge überwinden soll. Mit den Bergen sind Hindernisse in unserem Leben gemeint, die nicht selten unüberwindbar erscheinen. Für den einen ist es die nächste Versetzung, die er schaffen muß, für einen anderen der ständige Streit mit seinem Bruder, mit dem er sich nicht versteht und mit dem er doch Frieden haben möchte. Wer mit Jesus lebt, der braucht auch an diesen Hindernissen nicht zu scheitern. Jesus wird ihm die nötige Kraft geben, mit den vor ihm liegenden Schwierigkeiten fertig zu werden. Die Hauptsache aber bleibt, daß wir mit Jesus durchhalten und ihn und uns nicht aufgeben.
(Klaus Jürgen Diehl, die junge schar, 6, 1972) (1)
...Auch wenn wir nicht den Ehrgeiz haben, es zur Meisterschaft im Trampolinspringen zu bringen, so müssen wir es doch alle bis zu einem gewissen Grade lernen, unseren Körper zu beherrschen und uns in Gewalt zu haben. Aber wie oft versagen wir hier immer noch! Da ist Rolf, der sich beim Fußballspiel oft nicht beherrschen kann. Sobald seine Mannschaft im Rückstand ist, brennt bei ihm die "Sicherung" durch, und er fängt an, bösartig zu holzen nach der Devise: "Erst der Mann und dann der Ball!" Oder da ist Sabine. Sie kann sich kaum beherrschen wenns ums Naschen geht. Lutscht eine ihrer Freundinnen ein Bonbon oder Eis, sofort muß sie auch Eis oder Bonbons haben.
Wer sein Leben meistern will, muß rechtzeitig lernen, sich zu beherrschen. In einem seiner Briefe schreibt der Apostel Paulus einmal: "Ich trainiere meinen Körper und mache ihn gefügig." Paulus arbeitet also daran, sich ganz in der Gewalt zu haben und er weiß, daß Gott ihm dazu die nötige Kraft schenken wird. Ob es nicht auch für Rolf und Sabine besser wäre, wenn sie lernen würden, sich zu beherrschen? Jesus wartet jedenfalls darauf, daß sie mit seiner Hilfe lernen, auch einmal im Spiel verlieren zu können oder aufs Naschen zu verzichten.
(Klaus Jügen Diehl, die junge schar 7/8 1972) (1)
... Wer zu Jesus gehört und ihm nachfolgt, der schwimmt gegen den Strom, denn er lebt nicht wie die große Masse der andern, die nicht nach Jesus fragen. Du mußt wissen: Der Glauben an Jesus ist zu keiner Zeit eine Massenangelegenheit gewesen. Immer waren es einzelne, die sich von Jesus rufen ließen und ihm nachfolgten. Auch wenn deine Eltern oder Geschwister an Jesus glauben, so wirst du schnell feststellen, daß das anderswo nicht der Fall ist. Denk an deine Klasse oder denk an die andern Menschen, die in eurem Hause wohnen. Die wenigsten wollen etwas von Jesus wissen. Es läßt sich ja auch bequemer leben ohne Jesus.
Gegen den Strom schwimmen kostet Kraft. Wer zu Jesus gehört und sich auch vor andern Menschen zu ihm bekennt, der braucht viel Kraft. Keiner von uns bringt diese Kraft von sich aus auf. Denn dann müßte er bald scheitern, weil er sich überschätzt hat. Darum bleibt der Christ nicht alleine für sich, sondern sucht nach andern, die mit ihm gegen den Storm der Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit schwimmen wollen. ...
(Klaus Jürgen Diehl, die junge schar 9, 1972) (1)
... Im Training bleiben! Das ist auch für denjenigen, der Jesus nachfolgen will, eine Selbstverständlichkeit. "Warum?" fragst du mich. Ich möchte versuchen, es dir an einer Stelle aus dem Brief des Apostels Paulus an seinen Freund und Mitarbeiter Timotheus zu erklären: Dort schreibt Paulus: "Nun kämpfe den guten Kampf. Halte fest am Glauben und am guten Gewissen. Einige haben das von sich gewiesen und dann auch im Glauben Schiffbruch erlitten. Hymenäus und Alexander erging es so." -
Vom Kämpfen und Festhalten ist hier die Rede. Es genügt nicht, daß Timotheus einmal angefangen hat, zu glauben, er soll sich nicht ausruhen auf den "Lorbeeren" seiner Bekehrung zu Jesus. Der Glaube an Jesus muß im täglichen Training bewährt werden. Darum heißt es: Kämpfe. Dieser Kampf richtet sich zunächst gegen dich selbst, deine Lustlosigkeit und Müdigkeit, die dich vom Gebet oder Bibellesen abhalten wollen. Dann aber auch gegen deine Umwelt, die dich durch Gleichgültigkeit oder sogar Spott vom rechten Weg abbringen will. Zum Training des Christen gehört das Festhalten am guten Gewissen. Erforschst du dein Gewissen? Hörst du auf seine Stimme? Läßt du dich von deinem Gewissen an Schuld und Versäumnisse erinnern, um Jesus dafür um Vergebung zu bitten? Das Prüfen deines Gewissens sollte zum täglichen Training hinzugehören. Es sollte keinen Abend geben, an dem du mit einem schlechten Gewissen einschläfst.
Wie unentbehrlich dieses Training für den Christen ist, zeigt Paulus am Schicksal des Alexander und Hymenäus. Die beiden glaubten, darauf verzichten zu können. So erlitten sie prompt Schiffbruch im Glauben. Ob du es wohl besser machen wirst?
(Klaus Jürgen Diehl, die junge schar 11, 1972) (1)
Zu welch perversen Vorstellungen sich Christenmenschen versteigen können, die sich im "guten Kampf" des Glaubens verstrickt haben, können wir dem folgenden Text entnehmen, den ich in einer Broschüre des "Weißen Kreuzes" gefunden habe, die sich an pubertierende Jünglinge richtet:
Ohne Training kein Sieg
Hast du schon einmal einen Langstreckenläufer bei der Olympiade erlebt, der vorher nicht eisern trainiert hätte? Zu meinen, daß er mit den andern Läufern ernsthaft konkurrieren oder gar unter den Siegern sein könnte, das wäre "ein typischer Fall von denkste". "Da bleibt der Ofen aus". Es ist nicht weniger komisch, wenn ein Junge meint, er brauche sich nie einen Wusch versagen oder auf eine Bequemlichkeit verzichten. Was daraus wird, will ich dir an einem praktischen Beispiel deutlich machen:
Da ist ein kleiner Junge - nennen wir ihn Fritzchen - mit seinen drei Wochen schon ein strammer Kerl. Am Abend hat ihn die Mutter noch einmal richtig sattgemacht, trockengelegt und in sein Bettchen gepackt. Mitten in der Nacht fängt Klein-Fritzchen an zu weinen. Die Mutter rührt sich aber nicht. Sie weiß, daß der Kleine es ganz gut bis um 6 Uhr morgens aushalten kann. Aus dem Weinen wird ein Schreien, ja ein eigenwilliges Brüllen. Da fährt der Vater hoch, er will seine Ruhe haben. So nimmt die Mutter schließlich doch den Jungen auf und gibt ihm zu trinken. Die Ruhe ist wieder hergestellt, aber für die Entwicklung von Fritzchen ist ein falsches Gleis gelegt worden. Er hat zum erstenmal erlebt: wenn der Körper etwas begehrt, wünsche ich, daß es sofort erfüllt wird und - es wird auch sofort erfüllt.
Mit 4 Jahren bekommt Fritzchen im Sommer jeden Tag sein Eis, sobald er es nur wünscht. Bei einer Wanderung in seinen Schülerjahren muß er an jedem "Büdchen" Coca-Cola oder Zitronensprudel tanken, weil er Durst hat. Die falsche Spur, die schon beim Säugling gezogen wurde, hat sich vertieft und verfestigt.
16 Jahre alt war Fritzchen, als er ans Rauchen geraten ist. Wenn nun die Schleimhäute in seinem Mund ein verlangendes Reizgefühl haben, steckt er sich selbstverständlich ohne Zögern eine Zigarette an. Er ist es ja nicht anders gewöhnt, und Kameraden und Freunde bestätigen ihm: "Was der Mensch braucht, das muß er haben!" In diesem Alter erwacht nun auch bei Fritz das geschlechtliche Begehren. Ob er diese Triebwünsche wohl zu zügeln vermag? Das wird kaum möglich sein, denn Verzichten hat er nie geübt und Warten hat er nicht gelernt.
Sieger werden kann niemand, der seinen Wünschen und Trieben widerstandslos nachgibt. Sieger sind Menschen, die sich im Blick auf ein großes Ziel in der Selbstbeherrschung üben. Beim Sport wissen wir das noch. Im Training auf den Sieg ist kein Platz für Alkohol, Nikotin und andere Dinge, die den Willen lähmen und den Körper schwächen. Sollte das nicht auch für unser Mannwerden seine Bedeutung haben?
Hoffentlich gehörst du zu den Jungen, die sich gegen eine Versklavung durch ihre Triebe im tiefsten Herzen wehren, die zuchtvoll ihren Weg gehen und einmal ihrer Braut mit gutem Gewissen begegnen möchten! Warum treten für dieses hohe und schöne Ziel eigentlich so wenige in das unerläßliche Training ein? Fang du noch heute damit an!
Auf der Brüsseler Weltausstellung stand im deutschen Pavillon der Satz eines bedeutenden Atomphysikers: "Nicht alles, was der Mensch tun kann, darf er tun." Die Bibel ruft dir zu: "Jeder, der sich am Wettkampf beteiligen will, legt sich strenge Enthaltsamkeit auf, jene, um einen vergänglichen Kranz zu gewinnen, wir aber einen unvergänglichen."
(Erich Frische, in: Wenn Jungen Männer werden,
Weißkreuz-Verlag, Kassel-Harleshausen, o. J.) (2)
Ein drei (!!!) Wochen alter Säugling soll hier bereits auf Verzicht und "Warten können" getrimmt werden. Das diesbezügliche Versagen der Mutter wird als ursächlich dafür angesehen, daß der Junge später auf nichts verzichten kann. Dabei ist es doch genau umgekehrt. Ein Mensch, dessen lebenswichtige Bedürfnisse so früh nicht beachtet wurden, wird immer mit Panik reagieren, wenn die Befriedigung eines Bedürfnisses aufgeschoben werden muß. Ein Mensch dessen Bedürfnisse als kleines Kind geachtet wurden, ist von solchen beherrschenden Ängsten aus der Kindheit frei und kann als Erwachsener den Aufschub einer Bedürfnisbefriedigung viel leichter ertragen.
Erich Frische leitet seine Erkenntnisse direkt aus der Bibel her. Es gibt aber noch weitere Quellen, auf die diese Gedanken und Formulierungen zurückgehen, und die wahrscheinlich im Bücherregal Erich Frisches gestanden haben: Es sind die Erziehungsschriften des 18. und 19. Jahrhunderts, die Alice Miller in ihrem Buch "Am Anfang war Erziehung" (Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1980) unter dem Stichwort "schwarze Pädagogik" ausführlich analysiert hat. Am Text von Erich Frische wird die enge Verwandtschaft von christlichem Glauben und schwarzer Pädagogik, die oft durch salbungsvolle und hoffnungstriefende Sprache verschleiert wird, unmittelbar deutlich.
Aber nicht nur den Jungen wurde der schwere Glaubenskampf gepredigt, die Alten hatten ihn auch für sich selbst bis zur Perfektion entwickelt. Glauben im Sinne der Gemeinschaftsbewegung vollzog sich in einem permanenten, ernsten Ringen um den richtigen Glaubensinhalt. Es war ungeheuer wichtig, das Wort Gottes auf die exakt richtige Weise zu verstehen. Dies galt es nicht nur zu erkämpfen, sondern sogar zu "erleiden". Einen Eindruck von dieser Atmosphäre kann ein Zitat von Paul Schwidurski aus einem Referat aus dem Jahr 1958 vermitteln:
Denn es geht der christlichen Gemeinde wie der christlichen Persönlichkeit: Gewisse Erkenntnisse kann man nicht erlernen, man muß sie erleiden. Es geht immer um ein inneres Ringen.
Von solchem Ringen waren viele der Gnadauer Konferenzen erfüllt. Alfred Roth sagt: "Oft, sehr oft steigerte sich das Gnadauer Arbeiten zu einem ernsten Kämpfen und schweren Ringen, das der einzelne in seinen Nachtstunden fortsetzte." Und er bezeugt weiter: Was wir in Gnadau uns erarbeiten, erkämpfen, erringen mußten (und damit auch 'erbeten' mußten), war das Eine: wenn die stürmischen Wogen zeitgebundener Bewegungen - und auch Lehrmeinungen - von rechts oder links über die Wegspur hinbrausten und sie verwischten, diese Wegspur wiederzufinden, den Weg der Mitte, nicht den Goldenen Mittelweg' sondern den geistlichen Weg der goldenen Evangeliumsmitte, zu beschreiten, darauf feste Tritte zu tun, darauf zu beharren und sich weder zur Rechten noch zur Linken abdrängen zu lassen" [40/41).
Dieses Ringen wird auch weiterhin Gnadaus Aufgabe sein. Es ist ein Ringen mit dem Gegebenen um das Notwendige, ein Ringen um das Ja zur Wahrheit und um das Nein zum Irrtum; je und je ein Ringen mit dem anders erkennenden und lehrenden Bruder, oft ein Ringen mit der eigenen Unbußfertigkeit und mit dem eigenen Unglauben, immer aber ein Ringen mit Gott, dem Herrn der Wahrheit.
Aus der Zeitschrift "Der Reichgottesarbeiter" 2/1971,
zitiert nach http://www.rgav.de/akzente/alteHefte/71-2.doc
Und während die frommen Erwachsenen sich ihrer leidvollen theologischen Kämpfe und des nächtlichen Ringens mit ihrer eigenen Unbußfertigkeit und dem Herrn der Wahrheit brüsteten, in dem sie selbstverständlich immer über sich siegten (3), verschwendeten sie keinen Gedanken daran, dass dieser Glaubensmasochismus bis zu uns Christenkindern durchsickerte und unser Leben vergiftete: Wie sollten wir angesichts dieses zur Schau getragenen Kultes des Glaubenskampfes mit unserem eigenen mickrigen kleinen Christenleben bestehen? Was blieb uns anderes übrig als Selbstverachtung und die bange Ahnung der eigenen Nichterlöstheit?
(1) "die junge schar" war eine gemeinsame Jungscharzeitschrift des EC-Verbandes und des CVJM aus den 70er Jahren des 20.Jahrhunderts. Der EC-Verband nennt sich heute Deutscher Jugendverband "Entschieden für Christus". Zu Klaus-Jürgen Diehl siehe auch diese Anmerkung.
(2) Die zitierte Broschüre des Weißen Kreuzes stammt den Fotos nach zu urteilen wahrscheinlich ursprünglich aus den 50er oder frühen 60er Jahren. Sie wurde aber noch bis mindestens Mitte der 70er Jahre vertrieben.
(3) Nachtrag 2006: Selbst wenn sie versagten, gelang es ihnen, dies durch demütiges Bekennen der eigenen Schwäche in einen Sieg umzudeuten. Das perfide daran war, dass wir Christenkinder durch die implizite Verachtung und Schande des Versagens im Kampf des Glaubens emotional außer Stande waren, zu unserem Unvermögen zu stehen. Das demütige Bekennen der Alten wurde uns daher gerade nicht zu einem Vorbild, unsere Schwäche mit Milde zu betrachten, sondern trieb uns nur noch stärker in die Selbstverachtung, weil wir die Demut der Alten als zur Perfektion gesteigerten Glaubenssieg erlebten und deshalb unser eigenes Unvermögen zum Bekennen als gesteigerte Niederlage.
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